Stiftung Warentest: Nahrungsergänzungsmittel für Kinder
In der aktuellen Ausgabe des Test-Magazins nehmen die Expert*innen von Stiftung Warentest Nahrungsergänzungsmittel für Kinder unter die Lupe. Getestet wurden 18 Präparate, die sich mit Namen, Aufmachung und Inhaltsstoffen an Kinder und Familien richten. Die Bilanz ist ernüchternd: Bis auf ein Produkt weisen alle Mängel auf.

17 von 18 Nahrungsergänzungsmittel sind mangelhaft
5,3 % aller 6- bis 11-Jährigen in Deutschland bekommen regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel („EsKiMo III - Studie, Robert-Koch-Institut 2020). Grund genug für Stiftung Warentest 18 Produkte für Kinder und Familien zu testen. Geprüft wurde dabei in erster Linie, ob die Hersteller die wissenschaftlich empfohlenen Mengen für Kinder einhalten, ob sie sich bei den Werbebotschaften an die Regeln halten und ob sich die versprochene Wirkung auch tatsächlich belegen lässt.
Ein großes Problem bei der Überprüfung der Richtwerte: Sie sind in der Nahrungsergänzungsmittelverordnung sehr unklar geregelt, zulässige Höchstmengen sucht man vergebens. Die Tester*innen von Stiftung Warentest orientieren sich daher an den wissenschaftlichen Vorgaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).
Das Ergebnis: Ernüchternd
Von 18 getesteten Produkten war nur eines ohne Mängel. 15 Nahrungsergänzungsmittel überschreiten mit der Tagesdosis die empfohlenen Mengen.
Vier Präparate enthalten zu viel Vitamin A. Darunter Doppelherz (für ab 7-Jährige) und Easyvit, die mit 400 mg etwa sogar doppelt so viel Vitamin A aufweisen. Die Expert*innen halten fest, dass Kinder grundsätzlich kein extra Vitamin A brauchen, auch Erwachsene sollten es nur eingeschränkt nehmen. Bei einem Überschuss drohen Kopfschmerzen oder Probleme mit der Haut, den Knochen oder der Leber.
Kupfer ist ein weiterer Nährstoff, der in Nahrungsergänzungsmitteln für Kinder nichts zu suchen hat. Wenn der Körper zu viel davon aufnimmt, können Übelkeit und Erbrechen die Folge sein. Bei einer langfristigen Überdosierung drohen sogar ernsthafte Leberschäden. Die anderen Produkte, die getestet wurden, überschreiten ebenso die empfohlenen Tagesmengen – sie gelten bei Mehraufnahme allerdings als weniger problematisch.
Die Empfehlung von Stiftung Warentest
Normalgewichtige Kinder, die aufgeweckt sind und sich altersgerecht entwickeln, sind üblicherweise ausreichend mit all jenen Nährstoffen versorgt, die sie benötigen. Nahrungsergänzungsmittel für Kinder sind daher aus Sicht der Tester*innen überflüssig. Wenn ein konkreter Verdacht auf einen Mangel besteht, sollten sich Eltern immer zuerst an den Kinderarzt wenden und nicht auf eigene Faust zu Vitaminpräparaten greifen.
Tipps für eine gesunde Ernährung
Der Speiseplan der Kleinsten ist mitunter sehr einseitig: Toast zum Frühstück, Nudeln zum Mittagessen und zwischendurch ein paar süße Naschereien. Früher oder später stellen sich Eltern die Frage, ob es sich noch um eine Phase handelt oder sie sich schon Sorgen um eine Mangelernährung machen müssen. Das Risiko einer gesundheitlichen Gefährdung ist allerdings gering, wenn Kinder im Großen und Ganzen an der Familienkost teilnehmen und man ihnen zur Jause immer wieder Obst oder Gemüse anbietet.
Silke Restemeyer, Ernährungswissenschaftlerin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), stellt jedoch fest: „Die meisten Kinder in Deutschland sind ausreichend mit Vitaminen und Mineralstoffen versorgt.“
Für Eltern hat die Ernährungsexpertin folgende Tipps:
- Je entspannter Mama und Papa mit dem Thema umgehen, desto weniger Druck verspürt das Kind. Ein normalgewichtiges Kind, das sich altersgerecht entwickelt und gesund ist, hat üblicherweise keine Mangelerscheinungen.
- Beharrlichkeit und Ausdauer zeigen: Obst und Gemüse immer wieder anbieten. Beim zehnten Mal greift das Kind laut Ernährungsexpertin dann zu.
- Obst und Gemüse in mundgerechte Stücke oder lustige Formen schneiden und immer wieder unterschiedliche Sorten anbieten.
- Ungeliebte Gemüsesorten wie Brokkoli oder Spinat lassen sich gut in pürierten Suppen, Bratlingen oder Fleischlaibchen verstecken. Auch Spaghetti aus Zucchini oder Karotten sehen ansprechend aus!
- Kein schlechtes Gewissen, wenn einmal nicht ausreichend Zeit zum Kochen bleibt. Vollkornbrot, Käse, Gemüsesticks und kleine Kirschtomaten sind gesunde Snacks, die schnell zubereitet sind.
- Besteht ein Verdacht auf einen Nährstoffmangel beim Kind, sollte der erste Weg zur*m Kinderärzt*in führen. Er*sie kann beurteilen, ob weitere Untersuchungen oder Tests erforderlich sind.
So wurde getestet
Die Expert*innen haben 18 Nahrungsergänzungsmittel, die sich speziell an Kinder und Familien wenden, im Mai und Juni 2024 gekauft. Die Preise der einzelnen Produkte wurden mittels Anbieterbefragung im November 2024 und Jänner 2025 eingeholt. Folgende Aspekte wurden geprüft:
- Halten die Anbieter die angegebenen Tagesdosen der empfohlenen Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen für Kinder ein?
- Entsprechen die deklarierten Gehalte von Vitamin A, B6, D2, D3, Betakarotin, Folat, Folsäure, Eisen, Jod, Kalzium, Kupfer, Mangan, Selen und Zink jenen Werten, die im Produkt tatsächlich enthalten sind?
- Halten die Hersteller mit ihren gesundheitsbezogenen Angaben die Rechtsvorschriften der Nahrungsergänzungsmittelverordnung und der EU-Health-Claims-Verordnung ein?
- Gibt es wissenschaftliche Studien aus dem Bereich der evidenzbasierten Medizin, die den angegebenen Nutzen der Produkte bestätigen?
Alle Testergebnisse im Detail sind hier nachzulesen.
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