Liebe Community,
ich bin hier ganz neu und habe eine sehr persönliche Frage an euch.
Ich bin Mitte 20 und seit 4 Jahren mit meinem Freund zusammen, zu dem ich letzten Sommer aufs Land gezogen bin. Ursprünglich komme ich aus einem Vorort von Wien, ca. 45 Minuten mit den Öffis zum Zentrum entfernt, er hat bevor wir uns kannten im Mittelburgenland ein Haus gebaut, das ist ca. eine Stunde von Wien entfernt. Ich muss von dort 25 Minuten mit dem Auto bis zum nächsten Bahnhof fahren, dann gibt es eine gute Zuganbindung.
Im Moment arbeite ich in Wien und pendle, könnte aber im Umkreis von ca. 20 Minuten mit dem Auto auch einen neuen Job finden, da gibt es doch Auswahl. Supermarkt, Kindergarten und Volksschule gibt es bei uns im Ort, höhere Schulen und Freizeitangebote dann mit dem Bus erreichbar (der fährt allerdings außerhalb der Stoßzeit quasi nicht).
Schon seit meinem Einzug und eigentlich noch viel länger davor beschäftigt es mich stark, dass ich dort, wo wir jetzt wohnen, nicht komplett glücklich bin. Da meine Eltern eben nahe Wien ein riesiges Grundstück haben, war es für mich seit meiner Kindheit klar, dass ich dort langfristig wohnen werde, weil ja alles da ist - auch, was später Kinder betreffen würde. Wo ich jetzt wohne, ist natürlich alles viel verstreuter, nur mit dem Auto zufriedenstellend zu erreichen und die Menschen finde ich auch irgendwie altmodischer.
Hinzu kommt, dass mein Freund sein Haus direkt neben dem Haus von seinen Eltern gebaut hat. Mein Verhältnis zu ihnen war immer in Ordnung, nicht wahnsinnig eng, aber freundlich und manchmal freundschaftlich. Vor kurzem ist aber ein größerer Streit zwischen ihnen und mir entstanden, der mich wieder zum Nachdenken gebracht hat, ob es dort für mich langfristig eine Zukunft gibt. Meine Schwiegermutter hat sich wieder mit mir versöhnt, aber mein Schwiegervater ist ein sehr nachtragender Mensch, der andere, modernere Meinungen nicht akzeptiert, weil er es gewohnt ist, dass er am Ende Recht bekommt.
Mein Freund ist natürlich auch in der Zwickmühle - einerseits hält er zu mir (sowohl was meine allgemeinen Zweifel betrifft, als auch in diesem Streit), allerdings hat er dieses Haus ja mit viel Herzblut und Geld gebaut, das er klarerweise nicht gleich zurücklassen will. Ich habe schon sehr oft mit ihm über meine Gedanken gesprochen und er kann sie teilweise verstehen. Er ist da jedes Mal sehr unterstützend und tröstet mich in schwereren Momenten und sagt, dass wir, wenn es für mich gar nicht geht, ja auch wo anders hinziehen können - aber ich habe dann jedes Mal die Sorge, dass dieses Thema immer zwischen uns stehen und die Beziehung belasten würde.
Zu meinen Eltern haben wir übrigens beide ein sehr gutes Verhältnis - sie respektieren die Privatsphäre von jungen Leuten und nehmen sich selbst nicht so wichtig.
Das ist jetzt schon so lang geworden...sorry!
Meine Frage an euch ist, ob ihr ähnliche Erfahrungen gemacht oder ob ihr Entscheidungshilfen für mich habt.
Am meisten belastet mich: fehlende/magere Infrastruktur und das jetzt neuerdings angespannte Verhältnis zu meinen Schwiegereltern.
Liebe Grüße
SerenaWilliams
Kommentare
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Ich habe die Erfahrung gemacht, dass diese Nähe ungesund ist und wahnsinnig oft grenzüberschreitend und ohne Rücksicht auf Privatsphäre gelebt wird. Insbesondere von der älteren Generation ausgehend. Oft haben die den Hausbau mitfinanziert und es gibt ein Gefühl von ‚ihr schuldet uns was‘. Ich möchte mit die Einmischungen in Kindererziehung gar nicht vorstellen.... bei uns hat das dann zur Trennung geführt.
Am fairsten wäre es weder bei der einen noch der anderen Familie zu wohnen und euch selbst etwas aufzubauen, auch wenn das bestimmt gewisse Einschränkungen mit sich bringt. Mit meinem Mann habe ich das so gemacht, wir wohnen mit dem Auto 15 Minuten von beiden Eltern weg - nah genug um füreinander da zu sein und weit genug um Privatsphäre zu wahren und nicht unangemeldet vor der Tür zu stehen 😅
Ich habe eine Kollegin die auch am Land neben ihren Schwiegereltern gebaut hat. Sie hat immer gesagt, es war praktisch, weil ihre Schwiegermutter zuhause war und sie so immer eine kostenlose Kinderbetreuung hatte. Allerdings ist der Schwiegervater früh verstorben und dann war die Schwiegermutter ständig da und im Alter haben sie lang die Pflege übernommen, bis es gar nicht mehr ging. Ich glaub für sowas muss man der Typ sein, als Paar genau besprechen was wer bereit ist zu tun, dann der jeweilige Partner das auch mit den Eltern kommunizieren (und sich klar hinter den Partner stellen - ich glaub insbesondere Männer haben damit oft ein Problem) und natürlich auch Kompromisse eingehen. Wie ihr Leben wollt müsst ihr als Paar entscheiden.
Mein Exfreund konnte das leider nicht, ihn hat diese extreme Nähe nie gestört und er stand einfach immer unter dem Pantoffel seiner Mutter.
Was die Infrastruktur angeht: nervt dich das Auto fahren so sehr?
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Ich habe den Führerschein und auch ein Auto und tatsächlich ist das auf-das-Auto-angewiesen-sein für mich zwar nach wie vor schwierig, weil ich mit Öffis aufgewachsen und diese lieben gelernt habe, aber ich hab mich seit vergangenem Sommer gut daran gewöhnt. Etwa Supermärkte sind 7-10 Minuten mit dem Auto entfernt, um wirklich Kleidung usw. kaufen zu können, muss man 20 Minuten fahren, aber das ist sowieso kein täglicher Weg.
Mit der Infrastruktur konnte ich mich im letzten 3/4 Jahr anfreunden, jetzt ist aber eben das Schwiegereltern bzw. Schwiegervater-Problem dazugekommen. Mein Freund hat klar auch damals bei der Konfrontation etwas gesagt, aber ihm ist am Wichtigsten, dass sich alle irgendwie vertragen und sagt lieber einmal nichts, als eine Diskussion anzufangen. Ich bin da schon direkter...
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Das sehe ich leider als Problem. Dadurch, dass es seine Eltern sind muss er das für euch ausmachen. Ist einfach ein anderes Näheverhältnis. Für ihn natürlich schwierig, weil er zwischen den Stühlen sitzt.
Ich befürchte das Thema wird so oder so zwischen euch stehen. Wieso bist du denn hingezogen? Einfach um es mal zu versuchen? Habt ihr das auch so besprochen?
Die Infrastruktur finde ich jetzt nicht schlimm. Ich wohne 30km südlich von Wien, hab zwar einen Schnellzug in der Nähe aber gerade mit Kind nimmt man sowieso das Auto. Supermarkt ist auch paar Minuten mit dem Auto (oder 25 zu Fuß) und die SCS ist 25 Minuten weg. Und das ist fast bzw bald schon Speckgürtel... von daher ist es bei euch fürs Burgenland eh gut. Ich finde das Landleben ja toll, hab aber schon öfter gehört, dass die kleinen Orte im Burgenland für ‚Zugereiste‘ oft schwierig sind weil die Bewohner dort oft seit Generationen wohnen und miteinander aufgewachsen sind.
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Leider ist das wirklich oft so. Hinzu kommt, dass ich mich selbst dort noch nicht wirklich integrieren oder mein Plätzchen suchen konnte, weil es durch Corona ja nicht wirklich möglich ist, neue Leute in der Gegend oder auch in der Umgebung wie Wiener Neustadt kennenzulernen oder Freunde zu finden. Ich glaube, das würde mir schon helfen, um mich mehr einzuleben.
Die Schwiegereltern/Schwiegervater bleiben ja aber. Mir hat diese Konfrontation gezeigt, dass es gut ist, etwas was einen stört anzusprechen, aber das kann ich wirklich nicht oft so machen, sonst bin ich noch mehr bei meinem Schwiegervater unten durch. Das will ich ja auch nicht.
Ich bin deswegen zu meinem Freund gezogen, um überhaupt mal zu probieren, wie es läuft, wenn wir zusammen wohnen. Das ist reibungslos, es passt absolut super, aber die Umstände eben nicht genau so. Wir haben das Thema schon ganz oft besprochen und zum Glück ist er da sehr einfühlsam, hört es sich auch nach 100x wieder an,... aber klar belastet es ihn. Er wohnt ja gern dort, hat über die Jahrzehnte gelernt mit seinen Eltern bzw. seinem Papa umzugehen und möchte für mich das Selbe.
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Bezüglich Wohnen bei den Schwiegereltern da kenn ich 2 Beispiele, bei beiden war das Haus neben den Eltern von ihm schon vorhanden bevor sie einzog.
Familie 1: sie versteht sich super mit den Schwiegereltern, Kinder sind oft drüben, alles funktioniert gut
Familie 2: sie versteht sich nicht sehr gut mit den Schwiegereltern, wollte eigentlich nie in einem kleinen Ort wohnen. Im Endeffekt stecken sie grad in der Scheidung mit einem Kind... (natürlich kam da vieles zusammen was für sie nicht passte auch in der Beziehung, nicht nur die Wohnsituation aber diese hat sicher auch dazu beigetragen)
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Tatsächlich haben sich meine heutigen Posts recht pessimistisch angehört, ich war aber vor 2 Wochen noch sehr gut drauf, hab auch in Erwägung gezogen, hier in der Nähe einen Job anzunehmen und mir fest vorgenommen, wenns Corona wieder erlaubt, hier Freunde zu finden. Dann kam dieser Streit mit den Schwiegereltern und das hat mich wieder zweifeln lassen. Wenn es so wie es jetzt bleibt, denk ich passt das für mich, aber mir macht es Gedanken, wie es wird, wenn wir in ein paar Jahren Kinder hätten. Dann will man einerseits denke ich mehr Kontakt zur Familie haben, weil es eh keine oder veränderte Zweisamkeit gibt, aber andererseits hat man eben seine eigenen Ansichten was Erziehung betrifft und will mit seiner kleinen Familie auch mal unbegründet allein sein. Denke ich zumindest.....
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Ich war bis vor kurzem selbst noch wie dein Beispiel mit Familie 1 eingestellt, aber.... 😅 ja, vielleicht muss sowieso mal ein bisschen Zeit vergehen und dann legt sich alles wieder irgendwie. Ich hab halt eingefordert, dass sie nicht mehr so oft durch unseren Garten gehen, weil es mich in meiner Privatsphäre stört, wenn sie 3x am Tag quer an unserer Wohnzimmer-Fensterfront vorbeigehen, um zu ihrem Hendlstall zu kommen. Daraufhin hat mich mein Schwiegervater einfach 30 Minuten angeschrien, dass das ja gar nicht MEIN Garten ist und er dort aufgewachsen ist und ich ihm daher nicht verbieten kann, dort nie wieder hinzugehen. Was ich im Übrigen sowieso nie verlangt habe, aber ich wollte es nicht mehr mehrmals täglich. Dass der Hendlstall zu ihnen in den Garten rüber verlegt wird, kommt für ihn jetzt natürlich aus Trotz nicht in Frage.
Sie haben sogar zu meinem Freund gemeint, dass er bloß einen Ehevertrag mit mir machen soll, falls wir mal heiraten sollten - um zu vermeiden, dass ich dann Besitzansprüche stelle 🤦🏼♀️
Es sind also mittlerweile wirklich die Schwiegereltern, die mich zweifeln lassen.
Aber was wäre die Alternative? Eine Wochenendbeziehung hatten wir jahrelang, das funktioniert für mich nur, wenn sie ein Ablaufdatum hat, weil man irgendwann zusammenzieht...
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Puuuuuh... na dann kannst du dir ja ausmalen was sie von dir denken.
Ich kann dir nur sagen, dass die Familie sich gern so schon in die Kindererziehung einmischt und Kommentare abgibt. Wenn das nur bei Besuchen ist kann man das ja irgendwie ignorieren. Aber wenn man zusammen wohnt ist das ja ständig.
Ganz ehrlich? Für mich würde es nicht funktionieren und ich würde es einfordern gemeinsam auszuziehen und mir quasi in der Mitte beider Familien etwas gemeinsam aufbauen. Das Haus könnt ihr ja für gelegentliche WEs oder für Ferien am Land nutzen.
Wenn da jetzt schon solche Konflikte sind möchte ich mir gar nicht ausmalen was da noch alles kommt.
Sorry dass ich so schwarzmale, aber dein Schwiegervater akzeptiert deine Grenzen nicht und sieht offensichtlich euer Haus & Garten als sein Eigentum an - das wird sich nicht ändern.
Ich kenne es von meinem Ex. Die Mutter hat die Häuser zu ihrer linken und rechten für die beiden Kinder gekauft, die Gärten waren verbunden, sie hat überall geputzt (und gestirdelt) und auch auf mehrmaliges Bitten nicht aufgehört. Sich in jeden Streit eingemischt, sogar zu unserem Sexleben Kommentare abgegeben. Über die Jahre hat es sich immer mehr zugespitzt.
Mein Ex hat auch gesagt wir könnten umziehen aber als ich darauf bestand es nicht durchgezogen. Er wollte sich nie einmischen sondern, dass sich alle vertragen.
Er hat nun 2 Kinder und lebt in Scheidung. Die Frau hat es 10 Jahre ausgehalten, ich bin bereits nach 2 geflohen.
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Ich verstehe zwar, dass du das als eindringen in deine Privatsphäre siehst, aber ich muss auch sagen bei uns hat sich das mit Kindern sowieso sehr geändert. Denn mein Sohn respektiert die Privatsphäre von seinen Großeltern ja auch nicht. Wie soll man einem 5 jährigen auch erklären er darf nicht zu den Großeltern laufen wenn er sie sieht. Auch wenn das dann auf „ihrem Grund“ ist.
Sie hätten sich jedoch auch nie in die Erziehung eingemischt oder gesagt oh mein gott wir haben überhaupt keine Privatsphäre mehr, weil unser Enkel zu uns kommt wie er will.
Andererseits kann ich mir auch vorstellen (bitte korrigier mich wenn ich falsch liege, hast ja niergens geschrieben), dass ihr auch Eier aus dem Hühnerstall nehmen könnt, also irgendwie auch verständlich, dass er jetzt denkt drei mal täglich mal schnell durch den Garten gehen sollte kein Problem darstellen.
Wenn deine Bedenken aber daran liegen, dass du dich dort sowieso nicht wohlfühlst, oder dich einfach generell nicht gut mit deinen Schwiegereltern verstehst, versteh ich warum du dort nicht bleiben willst.
Mit Kindern sehe ich definitiv viele Vorteile wenn man Großeltern in der Nähe hat, aber dann müssen sich halt auch mögen, sonst gehts wohl nicht.