Tipps bei Wutanfällen

Hallo! Mein Sohn ist 3 Jahre alt und die meiste Zeit klappt alles gut mit ihm. In letzter Zeit hat er aber manchmal so extreme Wutanfälle, wo ich nicht mehr weiter weiß.
Er schreit dann wie am Spieß und will mit mir herumkommandieren, aber es ergibt keinen Sinn wie zB "Mama komm" und sofort darauf "Mama geh weg" in Endlosschleife.
Mir kommt vor, er ist meist müde wenn es passiert und versuche eh schon, dass wir nie spät nachhause kommen und er genug Schlaf bekommt. Dann passiert manchmal eine Kleinigkeit, die ihm nicht passt (zB er wollte sich selber die Socken ausziehen aber ich habe es getan.)
Manchmal habe ich es geschafft, in aus dieser Situation zu holen, indem ich ihm am Handy Fotos gezeigt habe.
Mir ist klar, dass sowas dazugehört, aber es passiert manchmal in den blödesten Momenten wie zB um 3 in der Früh, morgens wenn ich dringend ins Büro muss oder mitten auf der Straße bei Kälte. Heute Früh hat der Anfall eine ganze Stunde gedauert. Da bin ich schon sehr verzweifelt.
Vielleicht habt ihr Tipps für mich, was bei euch in solchen Momenten hilft, ich bin für alle Ratschläge dankbar!

Kommentare

  • Hallo,
    ich bin überrascht, dass dir bisher noch niemand geantwortet hat, kennen doch alle Eltern solche Situationen :-)

    Mehrere Dinge:
    - zunächst kanns dir wirklich helfen zu verstehen, wie Gehirne von Kindern funktionieren. Mit hat das damals enorm geholfen bzw. tut es das immernoch wenn meine Kinder solche Wutanfälle haben weil ich dann weiß, dass es nix mit mir zu tun hat. Die schlechte Nachricht: du kannst nichts tun, um diese Wutanfälle wirklich zu vermeiden. Es gibt keine Strategie, die Kinder niemals Wutanfälle haben lässt. Die Kinder machen das ja auch nicht absichtlich (das ist sehr wichtig) und sicher nicht, weil sie dich ärgern wollen sondern weil ihr Gehirn in dem Moment die Führung übernimmt und sie gar nicht anders können. Meist wissen die Kinder in diesen Momenten selber nicht wo oben und unten ist. Deshalb auch die widersprüchlichen Ansagen ("geh weg, bleib da!").
    - Es nützt nichts mit dem Kind in diesem Momenten zu versuchen irgendwas rational zu erklären, zu verhandeln oder sonst irgendwie anschaulich zu machen. Der Part in ihrem Gehirn, der für diese Funktion zuständig ist nämlich der "präfrontale cortex" (das ist der Teil unseres Hirns der für alle planerischen Tätigkeiten zuständig ist und einen großteil unserer Persönlichkeit ausmacht) wird "ausgeschalten" und ist somit nicht mehr ansprechbar. Das heißt, dein Kind versteht dich in diesen Momenten etwa so gut wie ein Echse.
    - Wo wir gerade von Echsen sprechen: Wenn die Kinder in einem Wutanfall sind, schaltet sich ihr hirn in den "Echsen-Modus" ("lizzard brain"). Es denkt, es ist in diesem Moment in einer Notsituation. Wie kommt es da wieder raus? Langsam und mit Geduld. Ich hab mich meist daneben gesetzt und ganz kurze Sätze immer wieder wiederholt. z.B. "Du bist in Sicherheit. Ich bin da." Immer wieder ruhig vor sagen. Ruuuhhiiig atmen. Bei dir bleiben. Nicht auch noch hektisch oder nervös oder gar sauer werden. Das bringt gar nix. Je ruhiger du atmest (versuch dich dabei wirklcih ganz bewusst auf deine eigene Atmund zu konzentrieren) desto besser wird er sich co-regulieren können. Irgendwann wird er sich deiner Atmung anpassen und dann wird er sich langsam beruhigen können. Immer wieder Körperkontakt anbeiten aber nix erzwingen. Wenn er dich weg stößt, geh auf Distanz aber bleib auf Sichtkontakt. Wenn er deine Nähe sucht, gib ihm diese. Wenns eine Stunde dauert ist das natürlich echt hart. Dann darfst du natürlich auch zwischendurch kurz weg, mal was trinken oder was essen. Schauen, dass du selber gut reguliert bleibst. Und natürlich darfst du dich auch mit einer anderen Bezugsperson abwechseln, wenn eine da ist. Erfahrungsgemäß werden die Wutanfälle kürzer, je besser wir sie co-regulieren können. Durchhalten!

    Allgemeine Tipps für die Autonomiephase:
    - auf die Schlaf- und Essenszeiten achten. Wutanfälle häufen sich am Abend, wenn die Kooperationsbereitschaft einfach schon aufgebraucht ist und natürlich wenn jemand hungrig ist. Dann lieber bissl früher den Spielplatz oder das playdate verlassen und dafür daheim keinen Wutanfall haben. Oder den Wutanfall eben lieber daheim haben als unterwegs im Auto.
    - Routinen und Vorhersehbarkeiten schaffen. Das kann sein durch immer ähnliche Tagesabläufe z.B. nach dem Frühstück gehen wir eine Stunde nach draußen, dann gibt es eine kleine Jause, danach lesen oder spielen wir und anschließend kochen wir Mittagessen mit Mama. Es muss natürlich nicht jeder Tag exakt gleich ablaufen aber so die großen Eckpfeiler sollten für das Kind absehbar sein. Nach x folgt y und darauf kann ich mich verlassen. Das gibt Kindern Sicherheit und Sicherheit ist eines der emotionalen Grundbedürfnisse. Ebenso Vorhersehbarkeit. Nicht umsonst hörst du überall am Spielplatz "du darfst noch 3x Rutschen und dann gehen wir". Als Tipp von mir: mit den Minuten tun sich manche Kinder sehr schwer. Also wenn ich sag, wir gehen in 15min kann ein Kind damit ja nix anfangen. Mein jüngerer Sohn hat viel besser damit umgehen können, wenn ich gesagt hab "wir gehen, wenn der Opa vom Stall zurück kommt./Du darfst noch 3x rutschen und dann gehen wir./Ich tauch dich noch 3x auf der Schaukel an und wenn sie ausschaukelt gehen wir heim...
    - Schau generell mal, wieviel Entscheidungen er selber treffen darf bzw. wie oft du "nein" zu ihm sagst. Das ist jetzt keine Einladung, nur noch ja zu sagen und keine Regeln mehr aufzustellen sondern eher, ob du vielleicht an manchen Stellen mehr Kooperation von ihm verlangst, als er mit 3 Jahren geben kann. Also bevor du nein sagst, könntest mal schauen ob du ihm eine Alternative anbieten kannst mit der er zufrieden ist. So in die Richtung.

    Zum Schluss noch ein Buchtipp für dich, wo das mit dem Gehirn und dessen Funktionen sehr gut erklärt ist: "Achtsame Kommunikation mit Kindern" von Daniel J. Siegel.
    Ich lese gerade "Punishment-free parenting" von Jon Fogel (gibts aktuell nur auf English, find ich aber ein großartiges Buch. Sehr empfehlenswert!).
    Die "das gewünschteste Wunschkind aller Zeitenn treibt mich in den Wahnsinn" Buchreihe hat mir auch gut gefallen. Die kann ich auch empfehlen.

    Ich hoffe, da war was brauchbares dabei für dich.
    Alles Gute und starke Nerven!
    CariiLexxiBeeMary582katikasulmtalerJuliana2000
  • @Kaffeelöffel deinem Kommentar ist nichts mehr hinzuzufügen, perfekt geschrieben, da kann ich mir auch schön was davon mitnehmen, danke dafür!

    Mein Kleinster ist jetzt 25 Monate und wir haben solche Wutanfälle prinzipiell wenn es unsererseits Nein heißt, nur sind sie zum Glück meist relativ schnell wieder vorbei bzw. lässt er sich meist gut ablenken, dann passts auch wieder.

    Ich kann's von meiner Tochter aber zB auch ganz anders, da half auch rein gar nix, die Anfälle kamen auch meist total spontan und unvorhersehbar, und sie haben auch oft gedaaaaauuuert, unfassbar. Ich konnte aber leider nix tun außer sie quasi ausspinnen lassen. Am Schluss kam sie dann immer und forderte eine Umarmung ein, dann wusste ich jetzt ist's vorbei. Aber es war auch sehr sehr mühsam und nervenzerrend. Ich wünsch dir gutes Durchhaltevermögen, irgendwann wird's viel besser...und dann kommt die Pubertät 😂
  • Weil das grad zu unserer Situation passt
  • Hat jemand erfahrung damit, dass mit den extremen wutanfällen auch eine konkrete Ablehnung mit einem bestimmten (immer dem gleichen) Elternteil einhergeht.
  • @Biene880 nur wenn beide Eltern da sind oder auch, wenn die Person allein ist mit dem Kind? Lässt das Kind sich danach auf Körperkontakt ein? Handhabt ihr als Eltern die Wutausbrüche unterschiedlich? Was macht der Elternteil, der angelehnt wird, in diesen Situationen?
  • Nur wenn beide da sind. Meistens ist Ursache / Auslöser des wutausbruchs, dass er gehoppert werden will (aber nur konkret von dem einen anderen nicht abgelehnten Elternteil), was dann in dem moment aber grade nicht möglich ist, weil der eine zB grade kocht. Den körperkontakt (zum abgelehnten Elternteil) lehnt er dann vehement ab. Die wutausbrüche werden eigentlich gleich gehandhabt. Die letzte Frage ist schwierig zu beantworten, weil eigentlich kann man nicht viel machen. Es endet dann derzeit aber fast täglich in einem sehr lang anhaltenden wutausbruch, der sogar das anschließende Essen nahezu unmöglich macht, weil er völlig durchdreht und "zu macht"
  • Es fühlt sich oft für uns so an, als könnten wir quasi nix tun.

    Aber das gemeinsame Aushalten der überwältigenden Gefühle, das da sein, ist einfach soo viel, und so wertvoll. Und es ist emotional sehr anstrengend. Bitte nicht unterschätzen was ihr da leistet!!

    Ganz klar auch, dass es in manchen Situationen einfach nicht geht den Wutanfall auszusitzen, aber wenn es immer öfter klappt und ihr mit der Einstellung dazu kommt, dass es zur Entwicklung der Frustrationstoleranz usw. einfach dazugehört, fällt es irgendwann leichter da zu begleiten und gelingt immer öfter.
  • @Biene880 ja, das klingt schon normal. Mein Sohn z.B. bevorzugt hauptsächlich mich. Wenn ich zu.B. aber gerade keine Gelegenheit oder Zeit hab mich um seine Wünsche zu kümmern dann lehnt er meinen Mann auch ab und lässt sich gar nicht auf seine Kontaktversuche ein.
    Mein Mann lässt ihn dann in Ruhe und probiert es auch nicht weiter, wenn er so grantig ist. Es bringt dann meist nix.
    Im Fall wo einer kocht ist das immer schwierig. Wir haben das auch schon öfter gehabt das die Kinder dann irgendwann zu hungrig sind und dann wütend werden und dann zu wütend sind zum Essen und das ist dann echt ein doofes Teufelskreis. In dem Fall würde ich schauen, dass er schonmal irgendwas kosten kann damit der Hunger nicht ganz so arg ist.
  • Hab nicht das Gefühl, dass es am Hunger liegt, weil er eh vorher schon irgendwas nascht in der Regel.
  • @biene880 naja er hat halt noch keine Frustrationstoleranz. Die bildet sich ja erst. Und dann sagt wer "nein" zu ihm und das passt ihm nicht und dann wütet er halt. Das Kinder einen Elternteil bevorzugen ist sehr normal. Ist bei uns, wie gesagt, auch so. Ich sehe eigentlich darin jetzt keine große Sache. Natürlich ist das anstrengend aber es ist nix ungewöhnliches.
  • Wir kennen das auch - aktuell will unsere Tochter nur mit mir spielen. Heute wollte ich am Vormittag in Ruhe Haare färben und Bad putzen. Ich oben - Papa und Kind unten. Der Papa hat sich echt bemüht, hat so lieb mit ihr gespielt. Keine Chance. Zuerst rufen nach Mama, dann betteln und dann weinen und brüllen. Sie ist auf der Stiege gesessen und hat sich nicht beruhigen lassen. Hab ihr erklärt, dass ich jetzt keine Zeit habe, später aber gerne mit ihr spiele. In der Zwischenzeit ist der Papa da. Hat alles nix geholfen. Hab trotzdem meine Aufgaben erledigt, der Papa ist immer wieder zu ihr zum trösten. Im Endeffekt gabs aber Drama bis ich fertig war.
    Ich denk mir halt, da hilft nur aushalten und begleiten. Wenn ich jedesmal alles stehen und liegen lasse, wird’s nie besser werden.
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