Liebe Eltern,
vielen ist das Thema Helmtherapie sicher kein Begriff - und das ist gut so.
Dieser Beitrag ist für all jene, die Erfahrungsberichte im Internet suchen und so wie wir (vor der Therapie) keine negativen Erfahrungsberichte finden konnten. Ich hätte mir gewünscht, so eine Erfahrung vor unserer Entscheidung zu finden.
Für alle die nicht wissen worum es geht, hier ein Link: www.cranioform.at
Das soll nicht bedeuten, dass die Helmtherapie generell nicht sinnvoll ist – für uns war es aber in Summe nicht die richtige Entscheidung.
Hier unsere Geschichte:
Unser Sohn Tobias hatte bereits mit 3 Monaten eine Asymmetrie von 1,1 cm, die er bei der Geburt nicht hatte (der Schädelumfang war völlig im Durchschnitt). Ursache war jedenfalls die ausschließliche Rückenlage wegen der Gefahr des plötzlichen Kindstodes. Leider haben uns viele Ärzte, Hebammen, Krankenschwestern und auch viele Bücher regelrecht hysterisch gemacht wegen dieser Gefahr, niemand sagt aber dazu dass man aufpassen soll wegen der Schädeldeformität. Wir haben Tobias (er ist unser erstes Kind) Tag und Nacht nur auf den Rücken gelegt und waren uns sicher, alles richtig zu machen. Falsch gedacht! Mit 3 Monaten hat uns unsere Kinderärztin in ein Krankenhaus überwiesen, um zu untersuchen, ob eine Helmtherapie notwendig ist. Nach 4 Wochen mussten wir zu einer weiteren Untersuchung kommen, da Tobias mit 3 Monaten noch zu klein war für einen Helm. Mit 4 Monaten war die Asymmetrie noch bei 0,8 cm (auch zu diesem Zeitpunkt war der Schädelumfang völlig im Durchschnitt). Bis zu einer Asymmetrie von 1 cm spricht man von „normal“, das heißt Tobias war mit 0,8 cm darunter. Natürlich hat man uns trotzdem eine Helmtherapie empfohlen – schließlich lebt das Unternehmen davon. Man hat uns gesagt, dass die Asymmetrie bei Tobias nicht das große Problem wäre sondern der „fehlende Hinterkopf“, das heißt dass ein Kopf deutlich länger sein soll als er breit ist (laut Schönheitsideal!)
Mit 5 Monaten hat er dann einen Helm bekommen (nach Herstellung des Helmes). Ich muss fairer Weise dazu sagen, dass der Helm Tobias nie gestört hat. Er hat ganz normal gespielt, geschlafen, gekuschelt und hat auch alle altersgerechten Entwicklungen normal durchgemacht (krabbeln, aufstellen, etc.).
Wir haben den Helm in der wirklich heißen Zeit im Sommer weniger getragen, was dazu geführt hat, dass sich die gesamte Laufzeit der Therapie verlängert hat (aber das haben wir in Kauf genommen). Geplant war eine Laufzeit von 5 Monaten, die dann auf 7 Monate verlängert wurde. Während den Kontrollbesuchen (alle paar Wochen) bei der Firma Cranioform, war nie ein Arzt anwesend (bei uns und auch den anderen Eltern), sondern leider immer nur Mitarbeiter der Firma Cranioform. Später haben wir erfahren, dass eigentlich mindestens jedes 2. Mal ein Arzt dabei sein müsste.
Nach 6 Monaten Tragezeit waren wir bei einer Mutterkindpass-Untersuchung bei unserer Kinderärztin, die routinemäßig seinen Kopf vermessen hat und festgestellt hat, dass sich der Kopfumfang (erstmals) unterhalb der Percentilenkurve liegt (also unterhalb der Normalbandbreite). Wir dachten, es sei ja völlig klar, dass sein Kopf nicht so viel wächst wie sonst weil er ja einen Helm hat. Die Kinderärztin (die wie wir nachher erfahren haben, auch einige Zeit mit/für die Helmfirma gearbeitet hat) hat allerdings gemeint (entgegen jeder Logik), dass der Helm keinen Einfluss auf den Kopfumfang hat weil das Kopfwachstum ja nur „gelenkt“ wird und nicht verhindert. Wir wurden also zum Schädelultraschall geschickt, weil es manchmal vorkommen kann, dass die Schädelnähte bei Kleinkindern zuwachsen und dann das Gehirn nicht mehr weiterwachsen kann. Jetzt war unser Problem also nicht mehr ob unser Kind einen gleichmäßig geformten – schön der Norm entsprechenden - Hinterkopf hat, sondern ob sein Gehirn noch wachsen kann!!! Vielleicht kann man etwas nachvollziehen, wie egal plötzlich ein paar Millimeter Asymmetrie sind.
Um das also auszuschließen wurde ein Schädelultraschall gemacht, der glücklicherweise ergeben hat, dass alle untersuchten Nahtstellen offen waren. Tobias zeigte auch überhaupt keine Anzeichen auf Entwicklungsverzögerung (die man bei diesen Kindern recht schnell feststellt). Wir haben dann auf Anraten der Kinderärztin den Helm von diesem Zeitpunkt an nicht mehr getragen (sie meinte, jetzt tut sich ohnehin nichts mehr). Auch der Schädelultraschall reichte aber noch nicht aus, um Entwarnung zu bekommen (weil man bei einem Schädelultraschall nicht alle Nähte lückenlos ansehen kann). Deshalb sollten wir dann auch noch zum Schädel-Röntgen fahren, um wirklich jedes Restrisiko auszuschalten.
Das war der Zeitpunkt, wo wir aufgehört haben, den Meinungen der Ärzte „blind“ nachzugehen und uns für alles und ständig ein schlechtes Gewissen einreden zu lassen. Wir vertrauen seit diesem Zeitpunkt viel mehr auf unser elterliches Bauchgefühl, das uns sagt, dass unser Sohn kerngesund ist und nicht mehr auf kommerziell ausgerichtete Unternehmen und Ihre Mitarbeiter. Wir haben das Schädel-Röntgen nicht mehr gemacht und messen seitdem in regelmäßigen Abständen selbst den Kopfumfang (der sich völlig normal weiterentwickelt). Wir haben auch den Kinderarzt gewechselt, der keinerlei Ansatz für irgendeine Besorgnis sieht (und wie die meisten Kinderärzte auch die Helmtherapie für unnötig hält).
Im Nachhinein betrachtet stehen für uns ein paar Millimeter Asymmetrie – die ausschließlich kosmetische Folgen haben – in keiner Relation zu den Befürchtungen, die wir während und nach der Therapie hatten, ob unser Kind Schäden von der Therapie davongetragen hat. Natürlich können wir weder belegen noch versichern, dass sein Kopfwachstum vom Helm eingeschränkt wurde, auffällig ist aber, dass sich der Kopfumfang nach Beendigung der Therapie wieder relativ rasch in die Normalbandbreite entwickelt hat, was für uns ein eindeutiges Zeichen ist, dass es richtig war, die Therapie zu beenden.
Zusätzlich möchte ich noch zum Erfolg der Helmtherapie Stellung nehmen:
Zur Asymmetrie ist zu sagen, dass sie sich natürlich während der Helmtherapie verbessert hat (aber auch vorher und nachher):
Messung 3. Monat: 1,1 cm
Messung 4. Monat: 0,8 cm (hier erst Helmanpassung)
Messung 8. Monat: 0,2 cm
- Abbruch Therapie: 10. Monat
Messung 12. Monat: 0,1 cm (Endbericht)
Man erkennt also ganz klar, dass sowohl vor (also im Zeitraum zwischen dem ersten Kopfvermessen und dem Start der Therapie) als auch nach der Therapie die Asymmetrie besser wurde. Leider werden wir nie erfahren, wie sich der Kopf ohne Helm entwickelt hätte.
Wir sind allerdings fest der Meinung, dass unser Sohn heute nicht merkbar anders aussehen würde.
Das eigentliche „Problem“ (wenn man hier überhaupt von einem Problem reden kann) war ja der „fehlende Hinterkopf“. Das war ja der Grund, warum wir den Helm überhaupt bekommen haben, die Asymmetrie war ja ohnehin im Normbereich.
Diesen Hinterkopf hat Tobias bis heute nicht (Werte bei Ende der Therapie: Breite 13,3 - Länge 14,5). Schade, dass ich kein Foto hinzufügen kann, er ist ein ganz normaler Junge und es fällt überhaupt nichts auf von einem fehlenden Hinterkopf. Die Firma Cranioform hat zwar zugegeben, dass sich diese gewünschte Entwicklung zwar durch den Helm nicht ergeben hat, „aber dafür ist ja die Asymmetrie besser geworden…“
Wir möchten nochmals festhalten, dass wir nicht allen Eltern automatisch von einer Helmtherapie abraten würden (es gibt bestimmt stärker betroffene Kinder, wo es vielleicht auch medizinisch durchaus Sinn macht).
Uns geht es darum, diese „Modeerscheinung Helmtherapie“ und das damit verbundene Geschäft für die betroffene Firma (privates Unternehmen – arbeitet natürlich gewinnorientiert) abzugrenzen von wirklich notwendigen Fällen. Wir sind sicher, dass unser Sohn die Helmtherapie nicht gebraucht hätte, wir wollten aber – wie alle Eltern – nur das Beste für unser Kind und wollten uns nie vorwerfen, dass wir es nicht getan haben. Aus heutiger Sicht würden wir es definitiv nicht mehr machen.
Ich hoffe dieser Bericht macht Ihnen keine Angst sondern hilft Ihnen bei der Entscheidung ob Ihr Kind wirklich eine Helmtherapie benötigt.
Alles Gute!