Hallo zusammen!
Nachdem ich in den letzten Wochen festgestellt habe, wie viele Foreneinträge es zu dem Thema gibt, und wie wenige davon für mich hilfreich waren, hab ich beschlossen, selber mal einen kleinen Erfahrungsbericht aufzuschreiben. Ich versuche, hier einen Überblick über den gesamten Behandlungsverlauf zu geben, weil das das ist, was ich eigentlich immer in den Foren gesucht habe - wenn man sowas zum ersten Mal macht ist man ja doch ziemlich planlos und die ärztliche Aufklärung geht dann doch oft nicht so ins Detail...Ich kann natürlich nur von meinen eigenen Erfahrungen schreiben, andere können das ganze ganz anders erleben, aber vielleicht sind meine Erfahrungen und die Gedanken dazu im Hintergrund ja für die eine oder andere Leserin hilfreich und tragen zur Entspannung bei.
Achtung, es wird ein langer Bericht, dafür stehn auch ziemlich viele Infos drinnen...;-)
Kurze Basicinfos über mich: ich bin 36, leide an Endometriose, mein Mann ist 40 und hat eine verminderte Spermienqualität - nach 3 Jahren Kinderwunsch haben wir vor 6 Wochen mit dem ersten Versuch einer küntlichen Befruchtung (ICSI) gestartet.
Was glaub ich schon grundlegend wichtig für uns war: wir haben uns bereits vor 2,5 Jahren, als wir mit dem Verhüten aufgehört hatten und ich nicht innerhalb von ein paar Monaten (so wie sonst alle im Freundeskreis) schwanger wurde, sehr intensiv damit auseinandergesetzt, wie groß unser Kinderwunsch wirklich ist, was wir dafür zu tun bereit sind, und wie das Leben aussehen könnte, wenn es uns gar nicht vergönnt ist, Kinder zu bekommen. Diese Auseinandersetzung war phasenweise schmerzhaft (ich hab dafür auch psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch genommen), hat aber dazu geführt, dass wir jetzt den ganzen anstrengenden Prozess der mit einer IVF einhergeht, relativ entspannt angehen können. Neben allen medizinischen Möglichkeiten gehört einfach auch eine große Portion Glück (oder Schicksal oder wie man es nennen will) dazu, und das ist der Teil den man in keinster Weise beeinflussen kann, sondern akzeptieren muss...auch wenns unter Umständen hart ist.
Was wir auch gleich vor Beginn der IVF beschlossen haben, ist, das Thema gänzlich für uns zu behalten. Ich bin eigentlich ein Mensch, der gerne mit allen über alles redet, in diesem Punkt hab ich mir aber gedacht, es enspannt vielleicht mehr, wenn nicht von runderhum ständig Fragen und (ungefragte) Tipps und Meinungen kommen...also rede ich mit meinem Mann und mit meiner Psychotherapeutin (die mich schon seit 3 Jahren begleitet) darüber, und sonst mit niemandem. Weder Eltern noch Freundinnen wissen Bescheid. Für mich hat sich das absolut als der richtige Zugang herausgestellt - es normalisiert, und es lenkt positiv ab, wenn man eben nicht dauernd darüber spricht. Wenn ich dann mal schwanger bin, werde ich kein Geheimnis daraus machen, dass es eine IVF war, aber wenn es nix wird muss ich dafür auch keine Erklärungen abgeben...wie gesagt, jede wie sie mag, für mich fühlt sichs so sehr gut an.
Abgesehen von der psychischen Komponente möchte ich hier vor allem auf die Nebenwirkungen und körperlichen Auswirkungen der ganzen Medikamente eingehen, da das bei mir schon ein Thema war, dass mich im vorhinein sehr beschäftigt hat und mich auch etwas zögern hat lassen, ob ich das mir und meinem Körper wirklich antun will. Ich bin grundsätzlich keine Medikamenten-Gegenerin, habe eher so die Einstellung - alles was mit natürlichen Methoden funktioniert gut, aber wenns nicht reicht bin ich froh dass wir die Schulmedizin haben...trotzdem, bei Hormonen war ich immer vorsichtig, da ich mit 18, als ich das erste Mal die Pille genommen habe, mit starken Depressionen reagiert habe. Ab dem Zeitpunkt hab ich keine Hormone mehr genommen, ich hab auch immer lieber die Schmerzen der Endometriose ertragen, als sie psychische Veränderung durch Hormonpräperate auf mich zu nehmen.
Da hatte natürlich die ganze Hormon-Stimulation einer IVF eine anfangs eher abschreckende Wirkung auf mich.
Die Medikamente kurz zusammengefasst:
2 Wochen "Downregulation" mit Suprecur-Nasenspray (3x täglich 2 Hübe), bis zur Punktion
11 Tage Stimulation mit Menopur-Spritzen (1x täglich)
Eisprung-Auslösung mit Pregnyl-Spritzen (1xgrosse Dosis, 2x danach noch eine kleinere)
Nach der Punktion Utrogestan-Vaginaltabletten (3x täglich je 2 Tabletten erstmal bis zum Schwangerschaftstest)
Prednisolon Tabletten (1x tgl. für 5 Tage nach der Punktion)
Im Detail:
Suprecur-Nasenspray: bei mir wars das sogenannte "lange Protokoll", das heisst ich hab erst mal 2 Wochen nur den Nasenspray bekommen. Der führt, ganz kurz und unmedizinisch gesagt, zu einer Art künstlichem Wechsel, um das System sozusagen mal herunterzufahren. Die Nebenwirkungsliste liest sich furchtbar (Stimmungsschwankungen, Wassereinlagerungen, Gewichtszunahme...) - ich muss sagen, ich hatte fast keine Nebenwirkungen! In den ersten 3 Tagen hab ich eine leichte Übelkeit gespürt, aber das wars. Sonst gar nix!
Menopur-Spritzen: Das Medikament muss selber "gemischt" werden, man bekommt haufenweise Pulver und Lösungsmittel und Nadeln und Spritzen...wenn man so wie ich Angst vor Nadeln hat, ist das selber spritzen schon eine ziemliche Überwindung. Es muss 1x täglich eine zuvor festgelegte Menge subcutan (das heisst zB in den Bauch oder Oberschenkel) gespritzt werden, immer zur gleichen Zeit. Das war bei mir auch logistisch etwas herausfordernd, da ich im Turnusdienst arbeite und oftmals auch irgendwelche Abendtermine habe und es eigentlich keine Zeit gibt, wo ich jeden Tag fix zuhause bin...ist dann aber ganz gut gegangen, nach ein paar Tagen Übung kann man das auch einfach auf jeder Toilette vorbereiten und spritzen. Und ja, das spritzen hat mir jedesmal weh getan. Aber ich habs überlebt...hab mir gedacht, es sind maximal 2 Wochen...Diabetiker müssen das täglich machen, so gesehen bin ich froh dass ich mich nur ein paar mal überwinden muss.
In diesen zwei Wochen kamen dann noch regelmäßige Ultraschall-Untersuchungen in der Klinik dazu (3 Termine warens bei mir), wo geschaut wird, ob und wie gut sich die Follikel entwickeln. Bei mir hat nur ein Eierstock gscheit produziert, aber die Ärztin meinte das ist oft so...
Ich hab zuvor oft gelesen, dass sich viele Frauen in dieser Phase komplett schonen, ich dachte mir ich hör mal auf meinen Körper...und ich hab schnell festgestellt, dass Schonung für mich nicht hilfreich ist. Also bin ich weiter normal arbeiten gegangen, hab weiter bis zum Tag der Punktion Sport gemacht (klettern und Fitness-Studio) und hab drauf geachtet, das Leben normal weiter zu leben. Natürlich möchte ich hier anmerken - wenn die Ärztin Ruhe empfiehlt, dann sollte man sich natürlich schon dran halten!! Bei mir hat aber immer alles gepasst und es gab keine medizinischen Einwände gegen Sport und Arbeiten, und mir hat es gut getan, hab mich nach der Bewegung immer besser gefühlt.
Nebenwirkungen hatte ich auch in dieser Phase nur ganz geringe, die letzten Tage vor der Punktion hab ich mich schon sehr aufgebläht gefühlt, auch die Waage hat da 2kg mehr als sonst angezeigt. Es war vom Körpergefühl her so wie mein bekanntes PMS, etwas weinerlich, etwas schwerfällig und nicht ganz ausgeglichen (aber schließlich waren da auch mehrere reife Follikel in mir drin, natürlich spürt man das...). Die befürchteten starken Stimmungsschwankungen sind aber zum Glück komplett ausgeblieben.
Die Punktion:
Vor diesem Eingriff braucht man wirklich keine Angst haben - wir waren 4 Stunden in der Klinik, davon war die Punktion selber aber vielleicht 20min, der Rest war vorher warten und nachher noch ein bisschen schlafen, tratschen und sogar noch Frühstücken. Bei mir wurden 5 Eizellen punktiert, das ist nicht sonderlich viel, aber auch nicht erschreckend wenig, das habe ich gleich unmittelbar nach der Punktion erfahren. Am Punktionstag und einen Tag danach war ich im Krankenstand, da habe ich mich dann brav geschont (spazieren war ich kurz, aber sonst nix) - ich hatte leichte Unterbauchschmerzen, etwa so wie leichte/mittlere Regelschmerzen, und war von der Kurznarkose noch etwas müde, aber sonst war alles gut. Das aufgeblähte Gefühl ging erst 3-4 Tage nach der Punktion weg, da war dann auch mein Gewicht wieder auf dem üblichen Stand. Viel trinken ist in dieser Phase wichtig, hab mir immer gleich in der Früh eine riesen Kanne Kräutertee gekocht und mich damit auf die Couch vor den Fernseher gechillt...kleines After-Punktions-Wellness-Programm. :-)
Der Transfer:
2 Tage nach der Punktion sollte ich im Labor der Klinik anrufen, um den Entwicklungsstand der (hoffentlich befruchteten) Eizellen zu erfahren - leider hat nur bei 2 Eizellen eine erste Teilung stattgefunden, und davon war nur eine Qualität A (also wirklich gut entwickelt)...diese sollte dann noch am selben Tag eingesetzt werden. Der Transfer selber dauert vielleicht 10min und hat den Charme einer Gynuntersuchung, ist aber komplett schmerzfrei. Es war ein sogenannter "4-Zeller" der transferiert wurde, je nach entwicklung und Anzahl der befruchteten Eizellen wartet man damit auch oft bis zum sog. "Blastozytenstadium" (etwa am Tag 5), wenns aber so wenige sind wie bei mir, wird lieber gleich mal transferiert, da die natürliche Umgebung besser für das Wachstum ist als irgendeine Nährlösung...
Was jetzt noch medikamentös dazukommt, sind Utrogestan-Vaginalkapseln. Das ist Progesteron, und es müssen 3x täglich je 2 Kapseln vagial eingeführt werden. Und das Zeug ist wirklich ein bisschen unedig - ich hab massiven Ausfluss davon (ist tatsächlich ein bisschen ekelhaft, ohne Einlagen gehts gerade nicht), aber trotzdem sind die Nebenwirkungen lt. Packungsbeilage bei oraler Einnahme wohl noch viel schlimmer...also Augen zu und durch!
Das Warten:
Jetzt sind wir in der Gegenwart angelangt - heute ist Tag 4 nach dem Transfer, in 13 Tagen muss ich den ersten Schwangerschaftstest machen. Mittlerweile hab ich erfahren, dass die zweite befruchtete Eizelle leider auch nicht mehr weitergewachsen ist...das heisst, wenn dieser Versuch nix wird (und die Wahrscheinlichkeit dafür ist, bei allem positiven Denken, trotzdem relativ hoch - immerhin beträgt die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit sowohl bei einer künstlichen als auch bei einer natürlichen Befruchtung nur ca. 30%), dann bedeutet das die ganze Prozedur nochmal...
ABER, ich werd mich nicht verrückt machen...ich befolge den Rat meiner Gynäkologin, das Leben zu leben!
Im Bezug auf das "ideale Verhalten" nach dem Transfer scheiden sich wohl die Geister, auch ÄrztInnen und GynäkologInnen geben ganz unterschiedliche Empfehlungen ab...es gilt aber als erwiesen, dass in den ersten Wochen einer Schwangerschaft sowieso das "alles-oder-nichts-Prinzip" gilt, das heisst, es kommt zur Einnistung oder nicht, man kann nicht wirklich was dafür oder dagegen tun. Ich hab neulich in einem Artikel eine Aussage gelesen, die mir da recht gut gefallen hat: "Die Evolution ist auf Fortpflanzung und Überleben ausgerichtet. Würde Bewegung, Ernährung, Gedanken...die menschliche Fortpflanzung so stark beeinflussen wie manche annehmen, wären wir schon lange ausgestorben."
In diesem Sinne werd ich die nächsten zwei Wochen normal weiterleben, heute endlich wieder mal klettern gehn, vielleicht auch den einen oder anderen Glühwein am Christkindlmarkt trinken und das Beste hoffen...
So, damit ist der lange Bericht nun mal vorerst zu Ende...
Ich hoffe, es gibt die eine oder andere Leserin da draussen, die damit etwas anfangen kann und dadurch vielleicht ein paar hilfreiche Infos bekommen hat. Falls noch Fragen offen sind, immer her damit! :-)